Der Sachversicherungswert Wie setzt sich dieser zusammen und worauf ist im Hinblick auf einen Schadenfall zu achten?

Expertise 21.10.2022


Die Geschäftssachversicherung dient dem Schutz der betrieblichen Waren und Einrichtungen (sog. Fahrhabe), welche im Eigentum und Verantwortungsbereich des Versicherungsnehmers stehen. Dies primär gegen die Gefahren Feuer / Elementar, Wasser und Einbruch / Beraubung. Sie gilt als sog. Neuwertversicherung. Gemeint ist aber effektiv der Ersatzwert, der am Tag des Schadens aufgebracht werden muss, um die beschädigte Sache in neuster Art, Güte und Funktion wiederzubeschaffen oder herzustellen, unabhängig davon, was die Sache ursprünglich gekostet hat. Bei der Festsetzung der korrekten Versicherungssumme kann sich der Versicherungsnehmer daher immer die Frage stellen: Welche Entschädigungssumme benötige ich von der Versicherung, wenn im Totalschadenfall (bspw. Brand), das gesamte Lokal wieder neu eingerichtet werden muss, damit der neuwertige Zustand vor dem Schaden wieder erreicht wird?

Die massgebende Grösse zur Beantwortung dieser Frage ist der sog. Sachversicherungswert. Diesen korrekt zu bemessen fällt nicht immer leicht, da nebst den eigenen Investitionen in Waren & Einrichtungen auch fremde Vermögenswerte einfliessen können bspw. aufgrund mietrechtlicher Verpflichtungen oder Übernahmen von Drittparteien. Zudem bestehen Abgrenzungsfragen bei eigenen Vermögenswerten, die sich mit denjenigen eines Dritten (bspw. Vermieter) vermischen können, weil sie bspw. direkt in das Gebäude eingebaut werden (Boden, Bar, Küche, Lüftung etc.).
Unsere Praxiserfahrung zeigt insbesondere drei Problemstellungen im Zusammenhang mit dem Sachwert, die eine direkte Relevanz im Schadenfall haben.


1. Problematik der Unterversicherung
Der Sachwert bestimmt sich stets zum Vollwert. Das heisst, der Sachwert muss gesamthaft deklariert werden, unabhängig davon, ob man im Schaden vollen Schadenersatz erwartet bzw. alle betroffenen Sachwerte ersetzt haben möchte (Totalschaden). Ist der Sachwert zu tief angesetzt, spricht man versicherungsrechtlich von einer Unterversicherung. Diese wird im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Art. 51 lit. a Abs. 2 statuiert.
„Erreicht die Versicherungssumme den Ersatzwert nicht (Unterversicherung), so ist der Schaden, wenn nichts anderes vereinbart ist, in dem Verhältnisse zu ersetzen, in dem die Versicherungs-summe zum Ersatzwerte steht.“
Eine Unterversicherung ist somit dann gegeben, wenn sich im Schadenfall herausstellt, dass die Versicherungssumme tiefer ist als der effektive Ersatzwert. Nehmen wir bspw. an, der Sachwert in der Police ist mit CHF 700‘000 festgesetzt worden. Der effektive Ersatzwert liegt aber bei CHF 1 Mio. Die Versicherungssumme ist somit 30% zu tief.
o Im Totalschadenfall erhält der Versicherungsnehmer höchstens die deklarierte Versicherungssumme, hier also CHF 700‘000.
o Im Teilschadenfall wird die Leistung im Verhältnis der Unterversicherung gekürzt. Ist der Schaden hier beispielsweise CHF 300‘000, so erhält der Versicherungsnehmer höchstens CHF 210‘000 (Kürzung um 30%)

2. Problematik des Schadennachweises

Spricht man mit erfahrenen Schadeninspektoren der Versicherung, so zeigt sich insb. bei Grossschäden, dass der Schadennachweis für erhitzte Diskussionen sorgen kann. Der Versicherungsnehmer trägt die Beweislast, denn es gilt Art. 8 ZGB: „Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet“. Kann der Versicherungsnehmer nicht sämtliche Belege aus der Buchhaltung liefern und so sein Schaden plausibilisieren, so wird der Versicherer die betroffenen Schadenpositionen nicht (voll) anrechnen. Dies kann in Fällen gar Betrugsverdacht erwecken und den Versicherungsnehmer in eine schlechte Verhandlungsposition bringen. Eine saubere, gut dokumentierte Buchhaltung ist im Schadenfall ausschlaggebend.

 

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Malick Gueye

Bereichsleiter Gastronomie & Hotellerie / Mitglied des Kaders